Deeqo Dalmar – Wechselbad der Gefühle
Wechselbad der Gefühle: Bericht vom 24. Treffen der Selbsthilfegruppe am 12. November 2016
Wechselbad der Gefühle
An unserer Selbsthilfegruppe hat diesmal Deeqo Dalmar* teilgenommen. Deeqo ist die junge Frau, die im Sommer 2016 mehrere Wochen stationär im Krankenhaus Waldfriede behandelt wurde (s. Spiegel online vom 20.07.16) Leider konnte sie damals aus gesundheitlichen Gründen nicht zu unseren Treffen kommen. Inzwischen hat sie sich gut erholt. Gerade ist sie erneut zur Operation bei uns im Waldfriede. Was lag also näher, als Deeqo Dalmar zu uns einzuladen?
Deeqo Dalmar kommt ursprünglich aus Somalia. Heute lebt sie 300 km von Berlin entfernt. Mit ihren gerade mal 20 Jahren hat sie bereits viel Schreckliches erlebt. Um ihre Verletzungen und die Folgen ihrer Beschneidung behandeln zu lassen, reist sie jedes Mal extra nach Berlin. Für die junge Frau war das Zusammentreffen mit unserer Selbsthilfegruppe eine wichtige und befreiende Erfahrung. Endlich konnte sie sich mit somalischen Leidensgefährtinnen in ihrer Sprache austauschen! Wir selbst haben die Begegnung mit Deeqo als ein Wechselbad der Gefühle erlebt. Heiße Tränen, herzhaftes Lachen, befreiende Momente im Tanz. Doch am besten der Reihe nach.
*Name von der Redaktion geändert
Reisebericht rührt Deeqo zutiefst
Evelyn und ich haben in der DFC Selbsthilfegruppe ausführlich von unserer Reise nach Kenia berichtet. Alle Frauen waren sehr beeindruckt. Während wir sprachen war es geradezu mucksmäuschenstill im Raum. Neben vielen Fotos haben wir auch ein Video angeschaut, das ich in der Mädchenschule in Kajiado aufgenommen hatte. Als unser Gast die Kinder singen und tanzen sah, flossen die Tränen in Strömen. Ich war sehr erschrocken: So bitterlich hat noch keine Frau in unser Selbsthilfegruppe geweint. Ich habe das Video sofort gestoppt und gemeinsam konnten wir Deeqo Dalmar trösten. Später erzählte sie mir, dass das Video sie sehr an ihre Heimat erinnert habe.
Vorgezogene Weihnachtsfeier
Nach unserem Reisebericht haben Evelyn und ich unsere Mitbringsel aus Kenia verteilt. Es wurde eine kleine vorgezogene Weihnachtsbescherung mit bunten Tüchern vom Markt in Eldoret. Auch über die selbstgenähten Schürzen vom Gynocare Fistula Centre haben sich alle sehr gefreut. Die Stimmung im Raum war jetzt heiter und entspannt. Irgendwann haben mich die Frauen in eines der farbenfrohen Tücher gehüllt und von allen Seiten fotografiert. Welche Freude und innige Nähe sich bei diesen Treffen zwischen uns herstellt!
Unsere zwei schwangeren Frauen – beide erwarten im Januar 2017 ihr Baby – haben den anderen stolz ihre Babybäuche gezeigt. Was mich ganz besonders freut: beide wollen auf der Geburtsstation im Waldfriede entbinden. Eine besonders lustige Szene konnten wir auf einem Foto festhalten: Angesteckt durch die allgemeine Fröhlichkeit hat sich eine der Frauen kurzerhand Bälle unter den Pullover gesteckt und sich anschließend köstlich amüsiert.
Musik gegen die Schmerzen
Wie immer bei unseren Treffen wurde nach den Berichten und Gesprächen ausgelassen nach Musik von Ali Dhantoo getanzt. Auch Deeqo, unser Gast, hat sich mit sehr viel Freude zur Musik bewegt. Alle Tränen der Erinnerung an Somalia waren jetzt getrocknet. Zwischendurch hatte sie sogar das Gefühl, gar keine Schmerzen mehr zu haben.
„Ich danke Conny und Gott“ – das waren ihre Worte, in genau dieser Reihenfolge. Das hat mich sichtlich bewegt. Und als ich sie so unbeschwert erlebte, war ich fast ein bisschen sprachlos. Tanztherapie und Bewegung scheint in ihrer Situation wohl für das Beste zu sein. Wie schön, das bei unserem Treffen herausgefunden zu haben. Auch sonst hat sich Deeqo sehr wohl bei uns gefühlt. Es war sehr schön anzusehen, wie sie unsere volle Aufmerksamkeit genießen konnte.
In ca. drei Monaten wird Deeqo erneut stationär behandelt. Diesmal kümmern sich unsere Kollegen der urologischen Abteilung im Ernst von Bergmann Krankenhaus in Potsdam um sie. Die somalischen Frauen der Selbsthilfegruppe, einige von ihnen leben in Potsdam, werden sie dann dort im Krankenhaus besuchen. Wie gut zu wissen, dass sich der Zusammenhalt zwischen den Frauen so schnell herstellen lässt und sie auch außerhalb der Selbsthilfegruppe für einander da sein wollen.
Wieder zwei neue Gesichter
Wieder waren zwei neue Frauen bei unserem Treffen. Beide haben sich für einen Termin in meiner Sprechstunde interessiert. Ich werde sie also bald etwas genauer kennenlernen können und mehr über ihre persönliche Situation erfahren. Das nächste Treffen unserer Selbsthilfegruppe findet am 17. Dezember 2016 statt. An diesem Tag müssen wir Evelyn leider entbehren. Sie wird erneut in Kenia sein und die ersten Matratzen für die Mädchenschule in Kajiado kaufen.
Damit alle 200 Mädchen der Mädchenschule bis Weihnachten im eigenen Bett schlafen können, bitten wir an dieser Stelle noch einmal ganz herzlich um eine Spende für unser Projekt 80 Matratzen für Kajiado. Für eine Matratze inklusive Bettwäsche, Decke und Kopfkissen benötigen die Helfer vor Ort nur 40,00 EUR. Für ein Mädchen bedeutet das ein Stück Intimität und erholsamen Schlaf. Wir zählen auf Sie! Vielen Dank!