Das DFC-Team in Kenia: Teilnahme am Marathon in Eldoret
Kapitel 3: Unser kleiner Marathon in Eldoret
Dr. Cornelia Strunz berichtet von ihrer Reise mit Evelyn Brenda nach Kenia.
Sonntag, 22. Mai 2016: Wir sind gestern nach Eldoret geflogen, um das Gynocare Fistula Center zu besuchen. In dieser Klinik arbeitet der Gynäkologe Dr. Hillary Mabeya. Er ist der Gründer und Leiter und führt hier fast ausschließlich Fisteloperationen nach FGM durch. Das Krankenhaus Waldfriede kooperiert mit dem „Gynocare Fistula Center“ und ich konnte Dr. Mabeya schon Ostern 2016 in Berlin treffen.
Da morgen, also am 23.05., der „World Fistula Day“ ist, veranstaltet das „Gynocare Fistula Center“ heute einen Marathon, um auf die Komplikationen nach FGM – oft sind das schlimme Fisteln – aufmerksam zu machen. Ca. 400 Läufer nehmen an diesem Marathon (eigentlich ja nur ein Halbmarathon) teil und Evelyn und ich sind auch dabei! Die Distanz beträgt 21 km oder 3 km. Wir entscheiden uns für den Fun Run.
Die Läufer sind schon seit 7 Uhr bereit, aber die Startzeit wird kurzerhand auf 9 Uhr verschoben, weil sich hohe Politiker angekündigt hatten (die dann allerdings gar nicht kommen). Zur Registrierung erhält jeder für umgerechnet 5 Euro ein Laufshirt vom „Gynocare Fistula Center“. Lila für die Frauen, türkis für die Männer und gelb für die Kinder.
Nach drei Kilometern Marathon bin ich im Ziel
Die Stimmung ist ausgelassen und nach den ersten Fotos mit Evelyn laufe ich mein eigenes Tempo und ziehe an vielen Läufern vorbei. Unterwegs wird mir bewusst, dass ich völlig anders als (fast) alle anderen hier aussehe! „Mzungu“ – das wird mir ständig hinterher gerufen! „Weiße Person“. Alle rufen es sehr liebevoll und ich fühle mich nicht ausgegrenzt.
Nach dem ersten Kilometer gesellt sich Peter zu mir, ein kenianischer Läufer. Mit ihm laufe ich die letzten beiden Kilometer der Fun-Strecke. Wir unterhalten uns über FGM und Fisteln und er wirkt sehr aufgeklärt. Die Ziellinie in Reichweite sprinte ich los, aber er holt mich locker ein. Ich bin als fünfte da! Alle klaschten, was aber eher damit zu tun hat, dass ich als „Mzungu“ ins Ziel komme.
„TO WALK WITH THE GERMAN LADY TO THE FINISHING LINE“
Das ganze Event wird von Robert (im rotweiss karierten Hemd) moderiert. Ein sehr witziger Mann, der die notwendige Balance zwischen Unterhaltung und Aufklärung über Fisteln nach FGM findet. Plötzlich steht er mit dem Mikrofon neben mir und befragt mich, so dass ich vom Krankenhaus Waldfriede und unserem DFC erzählen kann. Dann kommt Robert auf die tolle Idee, „to walk with the german lady to the finishing line“. Na super…
Mittlerweile sind bestimmt 500 Zuschauer anwesend und ich soll mit ihm nochmal über die Ziellinie laufen. Genau in dieser Sekunde nähert sich Evelyn der Zielgeraden, so dass wir zu dritt Roberts Wunsch nachkommen können. Alle Kameras und Fotoapparate sind nun auf uns gerichtet. Jetzt kennen wirklich alle die „German Ladys“ vom Hospital Waldfriede. Nun ist es auch kein Problem mehr, sich mit vielen von FGM betroffenen Frauen zu unterhalten.
1.000 Euro Siegerprämie für die Spitzenläufer
Die Spitzenläufer kommen ganz leichtfüßig nach 21 Kilometern ins Ziel. Dort bekommt jeder nur eine Nummer in die Hand gedrückt und eine Wasserflasche – das ist anscheinend die afrikanische Registrierung, wer welchen Platz erreicht hat. Anschließend folgen viele Reden. Auch viele von Fisteln betroffene Frauen erzählen von ihrem Leid und von der Behandlung bei Dr. Mabeya. Der steht ganz bescheiden neben seiner Gruppe von Patientinnen. Unglaublich, dass die Frauen mitten auf der Straße, vor diesen vielen Läufern, Zuschauern, Reportern und vor laufenden Kameras ihre Geschichte erzählen! Das beeindruckt mich sehr.
Die ersten Läufer bekommen umgerechnet 1.000 Euro Siegerprämie. Das wird unter anderem von der KCB Bank gesponsert. Evelyn darf die Urkunden und Blumen an die Gewinner verteilen. Die offiziellen Fotos werden direkt vor Ort ausgedruckt, man kann sie für wenig Geld kaufen. Ich habe es leicht, mich auf den Fotos zu finden. Ich bin ja fast die einzige weiße Läuferin. Außer mir sind noch eine knappe Handvoll Amerikanerinnen dabei, eine von ihnen kommt aus San Francisco und studiert hier Medizin.
Nun sitzen wir am Pool und reden über den Tag. Ganz besonders froh bin ich, dass ich die Tage hier mit Evelyn verbringen kann. Sie gibt mir die notwendigen Hilfestellungen im Umgang mit den Kenianern und findet für meine vielen Fragen immer eine Antwort! Es wird noch viel Zeit vergehen, bis ich das Leben hier verstehen werde. Es gibt in Kenia 42 verschiedene Sprachen und nur diejenigen sprechen englisch, die in die Schule gehen konnten.
Der morgige Tag steht ganz im Zeichen des „World Fistula Days“ und ich bin gespannt, was uns im „Gynocare Fistula Center“ erwartet.