Hospitation im Gynocare Women’s & Fistula Hospital
Dr. Cornelia Strunz berichtet von der Reise des DFC-Teams nach Kenia im Mai 2017.
Samstag, 20. Mai 2017, abends
Ein Tag voller neuer Eindrücke und Emotionen liegt hinter uns. Endlich konnten wir uns mit eigenen Augen im neuen Gynocare Women’s & Fistula Hospital von Dr. Mabeya umsehen. Bei unserem letzten Besuch in Kenia war das Ganze ja noch eine Baustelle – da war einiges an Fantasie und Vorstellungskraft gefragt…
Endlich sind wir im neuen Fistula Hospital
Wir sind sehr beeindruckt, wie komfortabel das neue Krankenhaus im Vergleich zur alten Klinik ist! Obwohl der damalige OP voll funktionstüchtig war und natürlich sehr viel Wert auf Hygiene und Sterilität gelegt wurde – am Ende war dieser OP eben doch nur eine umgebaute Küche. Die „Station“ bestand lediglich aus drei kleinen Räumen. Dicht an dicht standen die Betten der Patientinnen. Hier diente zeitweise sogar die Türangel als Infusionsständer.
Im neuen Fistula Hospital ist viel mehr Platz für die Patientinnen. Es gibt einen separaten OP Trakt mit getrennten Umkleiden für Frauen und Männer, zwei Operationssäle, einen Aufwachraum, einen Extraraum für den Sterilisator sowie einen Waschraum. Und Dr. Mabeya hat endlich sein eigenes Büro.
In dieser Klinik steckt so viel Engagement und Herzblut von Familie Mabeya! Und alles, was wir hier nun vor uns sehen, wurde durch Spenden finanziert. Welch eine Freude, jetzt endlich auch unsere Spenden in die noch spärlich gefüllten Regale zu räumen. Handschuhe, Kopfhauben, OP Kittel, das Nahtmaterial, die Stapler – das alles liegt nun ordentlich verstaut für die nächsten Operationen bereit.
Unsere erste gemeinsame OP im Fistula Hospital
Nachdem wir uns in der neuen Klinik umgesehen haben, geht es endlich an die Arbeit, auf die wir schon so gespannt sind. Die erste Patientin des Tages ist die zehnjährige Nehema. Das junge Mädchen wurde von Mum Jennifer persönlich aus dem 500 Kilometer entfernten Kajaido nach Eldoret gebracht. Ihre Geschichte berührt uns sehr. Nehema wurde mit acht Jahren verstümmelt und hat die letzten zwei Jahre schrecklich leiden müssen. Denn nach der Beschneidung bildete sich eine Zyste an der Klitoris des Mädchens, die ihr unerträgliche Schmerzen beim Laufen und Wasserlassen bereitete.
Dr. Mabeya hat Nehema mit der Assistenz von Dr. Lissa Masumbuku operiert. Die Ärztin von der Evangelischen Elisabeth Klinik hat das kleine Mädchen sofort in ihr Herz geschlossen. Nach der OP war sie so ergriffen, dass ihr Tränen über das Gesicht rollten. Genauso erging es mir im Mai 2016 nach meiner ersten OP hier in Afrika auch. Gerade mal ein Jahr ist es her, seit ich miterleben konnte, mit welcher Hingabe und chirurgischen Kompetenz Dr. Mabeya den Mädchen und Frauen hilft. Ich bin so froh, dass dieser Kontakt zu seiner Klinik entstanden ist und wir mit ihm zusammenarbeiten können.
Eine SMS, die glücklich macht
Nach meinem Bericht über die geglückte OP hat Evelyn Brenda eine SMS an das DFC Team geschickt. Ihre Worte haben mich sehr beglückt. Ich habe sie gefragt und sie hat nichts dagegen, dass ich sie an dieser Stelle für Euch veröffentliche.
Danke Conny für deine tollen Berichte. Danke Lissa und Jana und Conny und Dr. Scherer für euer Engagement in meiner Heimat. Ich habe heute viel geweint wegen der Frauen und unsere Maus Neema. Aber ich habe Hoffnung getankt, als ich Neema und die glücklichen Damen sah. Dr. Mabeya wollte persönlich seinen Dank an euch und Dr. Scherer wirklich in unserer Muttersprache sagen. „Mbuya Mono“. Es heisst „Vielen Dank“ aber mit Gefühl und ich schliesse mit dazu. Ihr seid eine hammer Team. Als ich nach Deutschland kam wollte ich mein Land helfen, etwas zurückgeben. Und durch Anti FGM und Fistula hoffe ich mein Heimat etwas zurück zu geben. Asante sana (Swahili) Mbuya Mono (Kisii) Ashe Oleng (Maasai) Kongoi (Kalenjin) Ero Kamano (Luo) Danke Schön!! Von ganze Herze. Gute Nacht
Chefarzt Dr. Scherer operiert erstmals in Afrika
Bei der zweiten OP bin ich an der Reihe, Dr. Mabeya zu assistieren. Wir operieren gemeinsam eine 47-jährige Frau. Sie hatte bereits sieben Kinder geboren, zwei davon waren Totgeburten. Seit einigen Monaten war die Frau nun inkontinent – als Folge der abdominellen Hysterektomie, bei der ihr die Gebärmutter über den Bauch entfernt wurde. Danach hatte sich zwischen Harnblase und Vagina eine Fistel gebildet, durch die der Urin ungehindert aus der Frau herauslief. Nach nur einer Stunde ist die Blase der Frau wieder dicht. Unglaublich! Aber ich war ja dabei und konnte sehen, mit welcher Fingerfertigkeit und Sicherheit Dr. Mabeya das Leck verschlossen hat. Mindestens 5.000 solcher Operationen hat er im Laufe der Zeit bereits durchgeführt. Ich bin so glücklich, ihm dabei assistieren und über die Schulter schauen zu dürfen.
Unsere dritte Patientin hatte einen akuten Darmverschluss und Probleme mit ihrem künstlichen Darmausgang. Jetzt ist die Expertise von Dr. Scherer als Darm- und Beckenbodenchirurg gefragt. Obwohl unser Chef schon in so vielen Ländern sein Wissen weitergegeben hat – diese OP ist nun seine erste auf dem afrikanischen Kontinent. Das Besondere dieses Moments ist uns allen bewusst.
Zum Abschluss des Tages besuchen wir gemeinsam die Mädchen und Frauen im Patientensaal, verteilen Luftballons und haben viel Spaß bei der Namensfindung für ein Neugeborenes. Wir schlagen verschiedene Namen vor – mal schauen, ob am Ende einer von uns dabei ist. Die Mutter verspricht, sich bis Montag zu entscheiden, wie ihr Kind heißen soll.